2019 Teil6


07.08.
Durch Maschinengebrumm werden wir wach. Und wie wir so aus unserer Schlafgemachluke schauen, siehe da, ein Aida-Kreuzfahrer hat festgemacht, später kommt ein zweites Schiff.

Menschenscharen warten darauf von Bord zu gehen. Mit diesen kleinen Shuttle-Booten werden sie an Land gebracht.

Für uns geht's weiter. Nur zwei Passstraßen führen aus dieser Sackgasse Geirangerfjord. Eine nach Norden, eine nach Süden. Beide gehen in engen Serpentinen und Haarnadelkurven die steilen Felswände rauf. Reger Bus und Bobilverkehr und jede Menge Kräder und Fahrräder bergrauf und -runter. 
Also nichts für schwache "Fischkopp"-Nerven (meine).

Links oder recht, auf einer Seite geht es immer steil bergab. Leitplanken sind selten. Und immer die Angst, von einem entgegenkommenden Fahrzeug abgedrängt und in die Tiefe gestürzt zu werden...

Irgendwann verlässt mein Kajalstrich, gemischt mit Tränenflüssigkeit, mein Gesicht über die Wangen in Richtung Mundwinkel. Ich bin am Ende. Und keine Hilfe in Sicht, weil man nicht anhalten kann.

Irgendwann wird es ruhiger und ich kann mich halbwegs entspannen.

In Lom legen wir einen Stopp ein. Wir besuchen den kleinen Ort, das Norsk-Fjellsenter und ...

... die berühmte Stabkirche. 

Sie wurde um das Jahr 1180 erbaut; das ergaben Holzuntersuchungen, Ausgrabungen und die Deutung der Ranken- und Tiermotive. 

Anschließend weiter durchs Hochgebirge, auf der nationalen Touristenstraße Sognefjell durch den Jotunheimen Nationalpark. 

Die Sagasäule - Elveseter, Lom Jotunheimen
Sie beschreibt die Geschichte Norwegens seit 872 und ist ein Denkmal des norwegischen Volkes an die wiedergewonnene Selbstständigkeit und dessen Grundgesetz von 1814. Wirklich fertiggestellt wurde sie erst 1992 und beeindruckt nun mit ihrer Höhe von 40 Metern vom Grundstein bis zur Königskrone.

Während ich mich gerade amortisiert habe, offenbart mir Berti die Weisheit:
"Wo man hochfährt, muss man auch wieder runter!" Na toll, also wieder Fingernägel in die Armlehnen bohren und weiterzittern!

So hoch kann im Winter der Schnee liegen. Die langen Sticken markieren dann den Fahrbahnrand.

Nach 100 Kilometern rauf, runter, 180° links, 180° rechts, schmal, ganz schmal...

... und einer Pause, um die glühenden Bremsen abkühlen zu lassen...

endet die Fahrt auf einem wirklich tollen Platz in Skjolden, mit allen Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten.

Hier kommt auch "Drohni" mal zum Einsatz und dokumentiert ein wenig von oben.

Wie sich später herausstellt, wird es straßenmäßig der "Tag der Tage"!
Gegen 11 Uhr brechen wir die Zelte hier am Wasser ab und fahren Richtung Voss.

Die ersten Weinstöcke, die wir sehen.
 
Die Hälfte des Weges führt durch Tunnel, welche in die Felsen gebaut sind. Selbst Kreisverkehre gibt es im Fels mit Abbiegemöglichkeiten in verschiedene Richtungen. Respekt vor dieser baulichen Meisterleistung!

Nach einem Tunnel geht es dann los, bzw. auch nicht. Stau! Der erste in Skandinavien. 

Bald wissen wir warum, im Schneckentempo kämpfen wir uns vorwärts, wobei die Straße immer schmaler und schmaler wird. Bald ist es nur noch gut eine Fahrzeugbreite und ein Passieren mit dem Gegenverkehr nur an den wenigen Ausweichstellen möglich. Und dann gibt es auch noch Passagen, die linksseitig den Fels haben und nach rechts Planken oder jedwede Schutzvorrichtung gegen Abrutschen in die Tiefe einfach nicht vorhanden sind. Und rechts sitze ich! Als ich schon fast tot bin vor Angst, haben wir endlich einen Monster-Lkw unmittelbar vor uns, der den Weg freiboxt. Ehrfürchtig weicht der Gegenverkehr zur Seite. 

Kaum ist das geschafft, der nächste Schock! Bisher waren die Tunnel ja ganz okay, beim Hineinfahren noch hell, dann relativ kurz dunkel, auch mal mehrere Minuten, dann beim Ausfahren wieder hell.
Und dann... Hab ich mich jetzt verlesen oder stand da gerade: Tunnel 26 Kilometer? Jaaaaa, leider. Ich stelle mir 1000 Szenarien vor, Brände, schlimme Unfälle, Panne... Meine Fantasie ist in solchen Fällen grenzenlos!
Aber auch das schaffen meine Fischkopp-Nerven! 
An einer "Nichttunnelstelle", im schönsten Tageslicht, liegt sie plötzlich vor uns, die Queen Mary 2. Ein stolzes Schiff!

Gegen 20 Uhr habe ich genug gelitten. Links unter uns entdecke ich mehrere Camper auf einem Schotterplatz. Berti gibt nach und über einen kleinen Schotterweg fahren wir hinab zu den anderen Campern. Hier soll vermutlich mal ein Hafen entstehen. 
Resümee für heute: Abgesehen von den umwerfenden Eindrücken und traumhaften Landschaften für mein kleines Nervenkostüm ein absoluter HORRORTAG! Vermutlich habe ich vor Angst 2,864 kg abgenommen. Aber ich kann es nicht beweisen - keine Personenwaage im Wohnmobil.

Morgens genießen wir ein opulentes Frühstück mit Spiegelei, Speck und Spinat mit Käse. Anschließend geht die Fahrt auf der E 13 ab Sand Richtung Stavanger. 

Unterwegs wieder beeindruckende Landschaften mit Fjell und Fjord. 

Bei der Ankündigung traut man sich nicht zu den Schafen auf die Weide, wollen wir aber auch nicht. Nur ein Schild oder gibt es den Wächter wirklich? Gesehen haben wir ihn nicht.

Den einen oder anderen Stellplatz sehen wir uns unterwegs.

Fündig werden wir für unseren Bedarf gegen 14:30 Uhr in Jørpeland, direkt am Hafen. Irgendwie zieht es uns doch immer wieder zum Wasser und zu den Booten, wenn die Gelegenheit sich bietet. Außerdem bekommen wir hier Frischwasser und Strom.
Und Jørpeland deswegen, weil wir morgen den Preikestolen erklimmen wollen. Dieser Fels ist einer der Hauptattraktionen Norwegens, mit wohl atemberaubenden Blick über den Lysefjord. Schauen wir mal!

Nur ein kurzer Fußweg um den Hafen herum und wir erreichen den REMA 1000 (ähnlich Aldi). Berti erjagt dort mit ausgklügelter, finanzieller Taktik das Abendessen, während Cupper, Timsen und ich in der Nähe warten und die ein- und ausfahrenden Boote beobachten.

Während wir das Essen auf dem Grill haben, beobachten wir den ganzen Abend, wie der Skipper dieses Bootes und offensichtlich dessen Freund am Motor basteln und auf Fehlersuche sind. Der Motor will einfach nicht laufen, das Boot nicht fahren. Und dabei ist es so ein toller, kleiner Kutter, der uns wirklich gefällt!
Wir drücken fest die Daumen und irgendwann nach Stunden, macht der kleine Kutter eine erfolgreiche Probefahrt. Wir freuen uns sehr und gehen auch alsbald schlafen.
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